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Niedrigzinsen und was sie für die Baufinanzierung bedeuten

Von Marc Hammermeister Am 29. August 2022

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Der aktuelle Leitzins wurde von der EZB (Europäische Zentral Bank) auf ein historisches Tief von 0,15 Prozent abgesenkt. Seit dem 05.06.2014 gilt dieser extrem niedrige Zins, der Sparern ein echter Dorn im Auge ist. Für angehende Hauskäufer ist er aber attraktiv, sorgt er doch für extrem niedrige Zinsen für die Baufinanzierung. Durchschnittlich 2,5 Prozent effektive Zinsen für ein Baudarlehen sind derzeit möglich. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren mussten Häuslebauer noch im Schnitt fünf Prozent effektive Zinsen zahlen, also das Doppelte. Diese niedrigen Zinssätze verleiten immer mehr Menschen dazu, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Kein Wunder, schließlich winken geringe Monatsraten – allerdings nur, wenn man mit der üblichen einprozentigen Tilgung in das Baudarlehen startet. Das kann aber nach hinten los gehen, wie folgende Beispiel-Rechnungen zeigen:

Beispiel

  • Objektwert:                            200.000 Euro
  • Darlehensbetrag:                  150.000 Euro
  • Sollzinsbindung:                   10 Jahre
A) Sondertilgung nach drei Jahren einmalig 10.000, 2,5 Prozent Sollzins p a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate437,50 €562,50 €687,50 €812,50 €937,50 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung121.068,21 €104.046,72 €87.025,23 €70.03,74 €52.982,24 €
Dauer bis zur Volltilgung44 Jahre, 4 Monate29 Jahre, 5 Monate22 Jahre, 3 Monate17 Jahre, 11 Monate15 Jahre
B) keine Sondertilgung, 2,5 Prozent Sollzins p.a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate437,50 €562,50 €687,50 €812,50 €937,50 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung132.978,51 €115.957,01 €98.935,52 €81.914,03 €64.892,54 €
Dauer bis zur Volltilgung50 Jahre, 1 Monat32 Jahre, 5 Monate24 Jahre, 3 Monate19 Jahre, 5 Monate16 Jahre, 2 Monate
C) jährliche Sondertilgung 1.000 Euro, 2,5 Prozent Sollzins p.a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate437,50 €562,50 €687,50 €812,50 €937,50 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung121.500,51 €104.479,01 €87.457,52 €87.457,52 €53.414,54 €
Dauer bis zur Volltilgung36 Jahre, 5 Monate26 Jahre, 4 Monate20 Jahre, 9 Monate17 Jahre, 2 Monate14 Jahre, 6 Monate
D) jährliche Sondertilgung 1.000 Euro, 5,0 Prozent Sollzins p.a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate750,00 €875,00 €1.000,00 €1.125,00 €1.250,00 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung117.351,55 €97.941,26 €78.530,98 €59.120,69 €39.710,41 €
Dauer bis zur Volltilgung27 Jahre, 7 Monate21 Jahre, 1 Monat17 Jahre, 2 Monate14 Jahre, 6 Monate12 Jahre, 7 Monate
E) Sondertilgung nach drei Jahren: 10.000 Euro, 5,0 Prozent Sollzins p.a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate750,00 €875,00 €1.000,00 €1.125,00 €1.250,00 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung116.409,35 €96.9990,07 €77.588,78 €58.178,50 €38.768,21 €
Dauer bis zur Volltilgung30 Jahre, 10 Monate22 Jahre, 5 Monate17 Jahre, 9 Monate14 Jahre, 10 Monate12 Jahre, 9 Monate
F) keine Sondertilgung, 5,0 Prozent Sollzins p.a.
Anfänglicher Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Monatsrate750,00 €875,00 €1.000,00 €1.125,00 €1.250,00 €
Restschuld am Ende der Zinsbindung130.589,72 €111.179,43 €91.769,15 €72.358,86 €72.358,86 €
Dauer bis zur Volltilgung35 Jahre, 10 Monate25 Jahre, 1 Monate19 Jahre, 7 Monate16 Jahre, 3 Monate13 Jahre, 10 Monate

Höhere Tilgung und was sie bringt

An den Beispielen wird eines deutlich: Wer ein Prozent tilgt und auf Sondertilgungen komplett verzichtet, zahlt trotz höherer Zinsen nur knapp 36 Jahre an seinem Baudarlehen ab, wer dagegen bei niedrigen Zinsen mit den gleichen Werten agiert, braucht 50 Jahre, bis das Darlehen vollständig abgezahlt ist.

Verlockend erscheint in diesem Fall die geringe monatliche Rate von nur 437,50 Euro. Das ist kaum mehr, als für eine kleine Mietwohnung veranschlagt wird. Was aber viele vergessen, sind die Gefahren, die sich daraus ergeben.

Vor allem zwei Gefahren bestehen:

  1. Schuldenfreiheit wird nicht mehr erlebt
  2. Hohes Risiko bei Anschlussfinanzierung

Schuldenfreiheit sollte mit Rentenbeginn gegeben sein

Geht man davon aus, dass man durchschnittlich mit 35 oder 40 Jahren baut und noch 50 Jahre am Kredit abzahlt, ist die Gefahr groß, dass die Schuldenfreiheit der eigenen vier Wände nicht mehr erlebt wird. Mit 85 oder gar 90 Jahren lebt nicht mehr Jeder. Zudem raten Experten, dass das Eigenheim mit dem Renteneintritt schuldenfrei sein sollte. Mit diesem verringert sich das Einkommen in aller Regel und die Monatsrate kann unter Umständen nicht mehr aufgebracht werden.

Hohes Risiko bei der Anschlussfinanzierung

Auch die Anschlussfinanzierung nach Ablauf der Sollzinsbindung kann zum echten Problem werden. Wer für 2,5 Prozent über zehn Jahre zum Monatsbetrag von 437,50 Euro finanziert hat, weist eine Restschuld von 132.978,51 Euro auf. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Zinsen in zehn Jahren noch niedriger liegen werden als heute. Deutlich wahrscheinlicher ist ein Zinsanstieg. Selbst wenn dieser moderat ausfällt und nur bei zwei Prozent liegt, würde dies einhergehen mit einer monatlichen Rate von 658,80 Euro, also mehr als 200 Euro mehr als bisher. Bei einem vierprozentigen Zinsanstieg würde die Monatsrate sogar auf 880,43 Euro ansteigen. Alleine durch eine einmalige Sondertilgung nach drei Jahren in Höhe von 10.000 Euro würde sich die Monatsrate trotz zweiprozentigem Zinsanstieg nur auf 638,90 Euro erhöhen. Das sind immerhin 20 Euro weniger.

Wer sich gar entscheidet, fünf Prozent zu tilgen und die genannte Sondertilgung nutzt, zahlt anfangs 937,50 Euro, ein immer noch moderater Wert für eine Baufinanzierung. Kommt es zum zweiprozentigen Zinsanstieg, müssen allerdings nicht einmal 100 Euro mehr als bisher, nämlich 1.024,08 Euro gezahlt werden. Hinzu kommt, dass diese Rate nur noch für fünf Jahre zu zahlen ist, statt für 40 Jahre.

Wie hoch sollte die anfängliche Tilgung ausfallen?

Experten empfehlen in den aktuellen Niedrigzinsphasen, eine Tilgung von mindestens zwei Prozent zu vereinbaren. Damit wird die Laufzeit ohne Sondertilgung auf 32 Jahre heruntergesetzt. Das ist ein deutlich überschaubarerer Zeitraum als 50 Jahre. Wer auch höhere Raten verkraften kann, sollte diese vereinbaren, so dass eine höhere Tilgung schneller zur Schuldenfreiheit führt und insgesamt weniger Zinsen gezahlt werden müssen.

Beispiel:

Welche Zinsen werden bei unterschiedlichen Tilgungen gezahlt?

  • Objektwert:                            200.000 Euro
  • Darlehenssumme:                150.000 Euro
  • Sollzinsbindung:                  10 Jahre
A) 2,5 Prozent Sollzins p.a., einmalige Sondertilgung nach drei Jahren 10.000 Euro
Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Gezahlte Zinsen am Ende der Laufzeit33.568,21 €31.546, 72 €29.525, 23 €27.503,74 €25.482,24 €
B) 5,0 Prozent Sollzins p.a., einmalige Sondertilgung nach drei Jahren 10.000 Euro
Tilgungssatz1 %2 %3 %4 %5 %
Gezahlte Zinsen am Ende der Laufzeit66.409,35 €61.999,07 €57.588,78 €53.178,50 €48.768,21 €

Deutlich lässt sich an diesen beiden Beispielen erkennen, dass eine höhere anfängliche Tilgung eine deutlich niedrigere Gesamtbelastung bei den Zinsen mit sich bringt. Grund dafür ist, dass durch die höhere Tilgung die Darlehenssumme sinkt. Sie ist wiederum ausschlaggebend für die Berechnung der Zinsen. Diese sinken mit sinkender Darlehenssumme, wohingegen die Tilgungsanteile weiter steigen.

Was bringt mir eine Sondertilgung?

In vielen Darlehensverträgen für die Baufinanzierung ist vereinbart, dass die Kunden jährlich eine Sondertilgung durchführen können. Diese liegt häufig zwischen fünf und zehn Prozent des noch offenen Darlehensbetrages. Sie kann verwendet werden, wenn kleinere Erbschaften anstehen, um den Darlehensbetrag zu senken und so die Laufzeit zu verkürzen, aber auch bei einer positiven Einkommensentwicklung, die so bisher nicht absehbar war. Außerdem birgt die Sondertilgung drei weitere Vorteile in sich:

  1. Sondertilgung günstiger als Sparanlage
  2. Verringerte Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Darlehensablösung
  3. Deutliche Verkürzung der Laufzeit

Sondertilgung günstiger als Sparanlage

Die aktuellen Sparzinsen am Markt für sichere Geldanlagen, wie Tagesgeld oder Sparbuch, belaufen sich auf ca. 0,25 bis 0,5 Prozent. In seltenen Fällen gibt es auch höhere Sparzinsen, doch liegen diese kaum einmal über einem Prozent. Die Zinsen für das Darlehen belaufen sich auf 2,5 Prozent, liegen also mehr als 1,5 Prozent über den Sparzinsen.

Beispiel:

  • Objektwert:                200.000 Euro
  • Darlehenssumme:    150.000 Euro
  • Sollzinsbindung:       10 Jahre
  • Sollzins p.a.:               2,5 Prozent
  • Tilgung:                      5 Prozent

Gesamte Zinszahlung nach Ablauf der Sollzinsbindung ohne Sondertilgung

27.392,54 €

Gesamte Zinszahlung nach Ablauf der Sollzinsbindung mit einmaliger Sondertilgung von 10.000 Euro nach drei Jahren

25.482,24 €

Zinseinsparung durch Sondertilgung

27.392,54 € – 25.482,24 € = 1.910,30 €

Anlage der 10.000 Euro für ein Jahr zu 0,7 Prozent Zinsen

70 Euro Zinsertrag

Anhand des Beispiels erklärt sich mehr als eindeutig, dass die Einsparungen bei der Baufinanzierung durch die Sondertilgung wesentlich höher sind, als der Zinsertrag, wenn dieses Geld für ein Jahr fest angelegt wird. Selbst wenn der Zinssatz auf fast schon utopische 1,5 Prozent angehoben wird, ergeben sich nur 150 Euro Zinserträge im Gegensatz zu fast 2.000 Euro Zinseinsparungen.

Verringerte Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Darlehensablösung

Wer sich für eine Baufinanzierung mit einer möglichen Sondertilgung entscheidet, profitiert bei vorzeitiger Darlehensablösung zusätzlich von einer geringeren Vorfälligkeitsentschädigung. Das hat das Landgericht Darmstadt in einem Urteil, das unter dem Aktenzeichen 25 S 43/06 erging, festgestellt. In einem solchen Fall muss die Bank so kalkulieren, als hätte der Darlehensnehmer die Tilgungsoption während der noch verbleibenden Laufzeit voll ausgeschöpft. Dadurch hätte die Bank geringere Zinseinnahmen erwirtschaftet und nur die Differenz zwischen diesen verringerten Zinseinnahmen und den bisher erzielten Zinseinnahmen darf dann als Verlust geltend gemacht werden. Der Gesamtverlust für die Bank ist somit geringer und dementsprechend muss auch die Vorfälligkeitsentschädigung, die dem Kunden in Rechnung gestellt wird und laut Ansicht von Verbraucherschützern (Lesen Sie dazu die Meinung von Financescout24) ohnehin oft zu hoch sei, deutlich geringer ausfallen.

Deutliche Verkürzung der Laufzeit

Eine einmalige Sondertilgung oder auch regelmäßige Sondertilgungen, etwa wenn das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gezahlt wird, bringen zudem einen weiteren Vorteil mit sich: Die Verkürzung der Laufzeit. In den eingangs aufgezeigten Beispielen wird das besonders deutlich. Bei einem 2,5-prozentigen Sollzins und einer zehnjährigen Laufzeit ergeben sich folgende Zeiten bis zur vollständigen Ablösesumme, wenn man mit zwei Prozent tilgt:

Keine Sondertilgung = 32 Jahre, 5 Monate

Einmalige Sondertilgung nach drei Jahren über 10.000 Euro = 29 Jahre, 5 Monate (3 Jahre gespart!)

Jährliche Sondertilgung über 1.000 Euro = 26 Jahre, 4 Monate (6 Jahre gespart!)

Diese verkürzte Laufzeit macht den Bauherrn nicht nur schneller schuldenfrei, sondern auch günstiger. Denn die Vorteile bezüglich der Gesamtkosten für die Zinsen haben wir ja weiter oben schon erwähnt.

Noch deutlicher wird es, wenn man sich die Verkürzung der Laufzeiten bei einer einprozentigen Tilgung ansieht. Im besten Fall können 12,5 Jahre Laufzeit eingespart werden.

Fazit: Was muss ich bei Niedrigzinsen und Baudarlehen beachten?

Wer also aufgrund der historisch niedrigen Zinsen den Traum vom Eigenheim realisieren will, sollte ein paar grundlegende Dinge beachten:

  1. Nicht alleine auf niedrige Monatsraten achten.
  2. Hohe Tilgungssätze von Anfang an vereinbaren.
  3. Schuldenfreiheit für das Eigenheim bis zum Renteneintritt anvisieren.
  4. Böse Überraschungen bei der Anschlussfinanzierung durch zu geringe Tilgung vermeiden.
  5. Sondertilgungen vereinbaren, da die Vorfälligkeitsentschädigung so gesenkt werden kann.
  6. Kein Geld, das für Sondertilgungen genutzt werden könnte, auf schlecht verzinste Tagesgeldkonten und Co. legen.
  7. Sondertilgungen auch tatsächlich nutzen, sobald Geld „übrig“ ist und damit Zinsbelastung und Laufzeit verkürzen.

Wer sich an diese Grundregeln für die Baufinanzierung in Niedrigzinsphasen hält, der kann ohne Bedenken sein Eigenheim bauen oder kaufen. Selbst im fortgeschrittenen Alter ist eine Baufinanzierung dann noch denkbar, wenn entsprechend hohe Tilgungssätze vereinbart werden und die monatlichen Kosten aufgebracht werden können.

Wichtig ist zudem, dass sich angehende Bauherren intensiv beraten lassen – und zwar nicht nur von der eigenen Hausbank oder einem Vertreter einer bestimmten Finanzierungsgesellschaft, sondern wahlweise von mehreren Beratern oder einem unabhängigen Baugeldberater. Dessen Einsatz ist zwar oft mit Kosten für den Bauherrn verbunden, dafür erhält dieser aber Angebote, die sich nicht an der Provision des Beraters durch deren Vermittlung, sondern an ihrer Eignung für den Bauherrn orientieren. Ein Vergleich mehrerer Angebote ist also zwingend erforderlich, auch in Niedrigzinsphasen, wie sie derzeit am Markt vorherrschen.

Neben günstigen Monatsraten und hohen Tilgungssätzen ist auf besondere Bestandteile des Vertrages zu achten, wie etwa zusätzlichen Kosten für die Wertermittlung der Immobilie, Verwaltungs- und Vertriebskosten und Provisionen. Diese sollten zum Großteil zwar im effektiven Zinssatz enthalten sein, es kommt jedoch hin und wieder vor, dass die Banken durch gesonderte Vereinbarungen Zusatzkosten berechnen. Daher sind die Vertragsunterlagen Punkt für Punkt genau durchzulesen, bevor die endgültige Unterschrift gegeben wird.

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